Der Name eines Hinweisgebers muss im Zweifel beauskunftet werden
Wenn man als Unternehmen oder Behörde Informationen über Missstände in Bezug zu einer Person bekommt, hat dieser Beschuldigte gegebenenfalls einen Auskunftsanspruch. Doch wann muss man die Identität des Hinweisgebers beauskunften? Im Zweifel jedenfalls dann, wenn sich der Hinweis des Hinweisgebers als unrichtig erweist. Nur in Ausnahmefällen ist in solchen Fällen der Verantwortliche befugt, dem Beschuldigten gegenüber die Identität des Hinweisgebers zu verweigern. BGH, 22.02.2022, VI ZR 14/21.
1) Das Drei-Personen-Verhältnis bei Auskunft zu Hinweisgebern
Bekommt ein Unternehmen eine Information über ein negatives Verhalten oder negative Umstände zu einer Person (Mitarbeiter oder Lieferant bzw. Kunde, Beschuldigter), hat dieser Betroffene häufig ein großes Interesse, den Namen des Hinweisgebers zu erfahren. Sofort kommt dann als Rechtsgrundlage für ihn der Auskunftsanspruch der Datenschutzrechts (Art. 15 DSGVO) in Betracht.
Demgegenüber möchte der Hinweisgebers häufig nicht genannt werden, weil er Ärger vom Beschuldigten befürchtet. Er möchte, dass sein Name vom Verantwortlichen, dem er den Hinweis gegeben hat, geheim gehalten wird. Für diese Geheimhaltung sprechen Datenschutzaspekte. Denn die Weitergabe des Namens des Hinweisgebers ist auch eine Verarbeitung personenbezogener Daten.
In der Mitte steht der Verantwortlich, der entscheiden muss, ob er die Auskunft aus Datenschutzgründen geben oder – ebenfalls aus Datenschutzgründen – verweigern muss.
2) Auskunftspflicht, wenn Hinweisgeberinteresse schwächer wiegt
Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, wessen Interesse im Zweifel der Vorrang zu geben ist. Zwar dürften die Rechte anderer Personen, wie von Hinweisgebern, nicht beeinträchtigt werden (ErwGr. 63 Satz 5-6 DSGVO). Doch der Beschuldigte könne mit seinem Auskunftsrecht nicht einfach unterliegen. Seine Interessen seien im Wege der Abwägung zu berücksichtigen. Eine Verweigerung der Auskunft über den Namen des Hinweisgebers sei nur dann zulässig, wenn das Geheimhaltungsinteresse des Hinweisgebers überwiege.
3) Wichtigstes Kriterien für überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Hinweisgeber s
Für ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse genüge es nicht, dass der Verantwortliche dem Hinweisgeber Vertraulichkeit zugesichert habe. Auch das pauschale Schutzbedürfnis eines Hinweisgebers schafft kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse. Der Verantwortliche muss vielmehr konkrete Tatsachen darlegen und gegebenenfalls beweisen, die das konkrete überwiegende Geheimhaltungsinteresse des Hinweisgebers zeigen.
4) Bei unrichtigem Hinweis überwiegt Auskunftsinteresse
Da die Abwägung in vielen Fällen schwer durchzuführen ist, hilft der BGH mit einem kernigen Gesichtspunkt: der Richtigkeit des Hinweises. „Für die Abwägung […], kann demnach die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der von dem Hinweisgeber mitgeteilten personenbezogenen Daten eine maßgebliche, wenn auch nicht die allein entscheidende Rolle spielen.“ Der Beschuldigte muss sich einen für ihn ansehensbeeinträchtigenden Hinweis nicht gefallen lassen. Er kann sich rechtlich dagegen wehren. Durch die Auskunft über die Identität des Hinweisgebers wird der Beschuldigte in die Lage versetzt, solche Ansprüche gegen den Hinweisgeber geltend zu machen. Das gilt erst recht, wenn der Hinweisgeber wider besseres Wissen oder leichtfertig unrichtige Angaben gemacht hat.
5) Fazit zu der Hinweispflicht
Will ein an sich auskunftsverpflichteter Verantwortlicher die Auskunft im konkreten Fall verweigern, muss er also konkrete Tatsachen benennen und ggf. beweisen, die das überwiegende Geheimhaltungsinteresse des Hinweisgebers zeigen. Ergibt sich für das verantwortliche Unternehmen, dass der Hinweis unrichtige Inhalte aufweist, wird der Verantwortliche die Auskunft ohne besondere Umstände nicht verweigern können.
So lag der Fall hier. Ein Mieter hatte einen weiteren Mieter beschuldigt, für „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ verantwortlich zu sein. Ein Beweis dafür ergab sich später nicht. Damit sieht der Bundesgerichtshof den Vermieter als verpflichtet an, dem weiteren Mieter Auskunft darüber zu geben, wer ihn „angeschwärzt“ hat, auch wenn das für den Mieter unangenehm sein und das Mieterverhältnis beeinträchtigen könne.