EuGH: Einsicht in (Patienten-)Akte ist unentgeltlich (Auskunft)
Der EuGH (26.10.2023, C-307/22) hat geurteilt, dass die Anforderung einer Kopie der Patientenakte auch dann unentgeltlich ist, wenn sie angefordert wird, um Schadenersatzansprüche zu prüfen.
Grundsätzlich hat jeder in Deutschland Anspruch auf Einsicht in seine Patientenakte und auf Erhalt einer kostenpflichtigen Kopie (ca. 0,50 EUR pro DIN A4-Seite). So steht es schon lange im BGB (§ 613g BGB) . Eine Ausnahme kann nur bei erheblicher Gefährdung des Patientenwohls bestehen. In die Patientenakte gehören Name, Besuche, Anamnese, Beschwerden, Erkrankung, Befund, Diagnosen, Medikation (§ 630f BGB).
Das Datenschutzrecht gibt mit Art. 15 DSGVO ebenfalls ein solchen Anspruch. Die erste Kopie ist danach allerdings unentgeltlich (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO). Will eine Person, hier der Zahnarztpatient, vom Vertragspartner, hier dem Zahnarzt, Informationen erlangen, besteht ein Konflikt mit der BGB-Regelung und ihrer Kostenpflicht. Der Zahnarzte wollte die Kopiekosten erstattet bekommen. Das Verfahren wurde daher vom Zahnarzt vom Amtsgericht Köthen bis zum Bundesgerichtshof getrieben, der dem EuGH Fragen zur DSGVO vorlegte.
Der EuGH ließ die Entgeltregelung des BGB nicht greifen. Der Auskunftsanspruch bestehe, ohne dass der Patient Kosten zu tragen habe. Dem unentgeltlichen Anspruch stehe nicht entgegen, dass der Patient mit den Inhalten der Patientenakte etwaige Schadenersatzansprüche prüfen wollte (= Entgeltlichkeit nur bei Wiederholung, offenkundiger Unbegründetheit oder bei Exzess). Der Anspruch gelte auch dann, “wenn der betreffende Antrag mit einem anderen als den in Satz 1 des 63. Erwägungsgrundes der DSGVO genannten Zwecken [gemeint ist die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung] begründet wird.” Das Interesse der gesetzlichen Regelung, unnötige Abrufe von Patientenakten zu verhindern, hält der EuGH für nicht hinreichend dargelegt. Zudem sei ein solches weiteres Interesse letztlich nicht gewichtig genug, da es auch berechtigte Abrufe von Patientenakten beschränken würde.
Übrigens, die Patientenakte als Dokumentation des Arztes, die auch elektronisch geführt werden kann, ist nicht identisch mit der elektronische Patientenakte (ePA), § 341 SGB V. Sie bündelt nach Wahl des Patienten Dokumente zu seinen Erkrankungen ärzteübergreifend.